Tiraspol | Transnistrien
Ein Aufsatz – Diese Form passt vielleicht am besten zu meinem Besuch in Tiraspol.
Der Kauf einer Zugfahrkarte im Bahnhof von Odessa ist schon mal sehr abenteuerlich. Denn die Fahrpläne sind auf Russisch und wären sie online, dann wären sie immer noch in Russisch. Aber gut, ich habe mir die Fahrt ins Telefon getippt und übersetzt und am Schalter an die Glasscheibe gehalten Odessa – Tiraspol, Morgen | Одесса – Тирасполь, утро.
Das klappte wunderbar und ich freute mich über den kleinen Erfolg und rauchte erstmal eine Zigarette im An- und Abfahrtsbereich der Züge und schon kamen zwei äusserst umentspannte Polizisten und wiesen mich auf das Rauchverbot hin und das ich jetzt Strafe bezahlen muss.
Das wurde mit einem Zettel welcher wenigstens amtlich aussah unterlegt und auf diesem war der Betrag von 171 Griwna zu entnehmen. Dann zeigte mir einer der Polizisten den Betrag von 540 Griwna auf dem Telefon worauf ich meinte das er mir doch gerade noch 171 Griwna gezeigt hat und das ich diese 540 Griwna nicht bezahle. Darauf hin nahmen mich die beiden etwas zu kurz geratenen Polizisten in eine etwas dunklere Ecke mit und so tippten wir die Unterhaltung in unsere Telefone.
Na ja, letztendlich habe ich mich beim Geld zählen etwas blöde angestellt und die beiden sind mit 151 Griwna (4,95 Euro) und mehrfachen Ermahnungen an mich weiter gezogen.
Also, da muss ich unserer Guardia Civil an dieser Stelle ein grosses Lob aussprechen. Bei so einem läppischen Betrag würden die nichtmal auf den Knopf des Kugelschreibers drücken und schon gar nicht bei Ausländern da das einfach doppelt so viel Papierkram ist!
Den Schreibkram haben die beiden Banditen ehe nicht weiter verfolgt. Jämmerlich war der ganze Auftritt aber schon.
Nun gut, der Zug nach Tiraspol fährt Spätnachmittags und das Gleis liegt links, etwas zurückversetzt ausserhalb des umzäunten Gleisbereichs. Vielleicht sollte ich noch anmerken das die Leute alles andere als hilfsbereit und nett sind. In Spanien wäre so ein Verhalten undenkbar.
Nachdem ich dem Schaffner mein Ticket, den Impf-Nachweiss und die Versicherungspolice gezeigt habe sass ich dann endlich im Zug Richtung Transnistrien.
An der Grenze gab es im Zug von ukrainischen Grenz-Beamten einen Ausreisestempel in den Pass.
In Tiraspol am Bahnhof finden dann am Einreiseschalter noch ein paar Formalitäten statt. So gibt es eine ausgedruckte ID-Migrationskarte welche einem bei der Ausreise wieder abgenommen wird.
Da man selten etwas gutes über die Einreise nach Transnistrien liesst ist es einem schon etwas mulmig wenn man in der grossen Bahnhofshalle alleine mit den Grenzbeamten steht die alles andere als lustig gucken. Aber es war alles ok.
Tja, da war man nun in einem Staat welcher von keinem Land der Welt anerkannt wird und welcher in der Wikipedia wie ein Krimi beschrieben wird und es ist tatsächlich erheiternt zu lesen. Ich war gespannt.
Da es schon 22 Uhr war nahm ich das erste Taxi welches auch gar kein richtiges war. Anschnallen muss man sich in diesem Land wohl nicht und es ging Richtung Apartment. Das diese Aktion eine Stunde dauerte konnte ich auch nicht wissen. Dem Taxifahrer oder auch nicht Taxifahrer habe ich dann mitgeteilt das es mir egal ist wie lange es dauert und das wir 5 Euro ausgemacht haben.
Irgendwann war ich dann endlich am Häuserblock mit meinem Apartment neben der Destillerie KVINT welche die transnistrischen 5 Rubel Scheine ziert.
Am nächsten morgen war erstmal das Geld-wechseln und die Rückfahrkarte angesagt. Eine Wechselstube gibt es direkt am Bahnhof und die Rückfahrkarte kann man erst vor der Zugfahrt kaufen. Also keinen Tag davor.
Da der Bahnhof nicht in der Innenstadt liegt geht es erstmal auf ins Centrum. Mich erinnert das Ambiente teilweise an die DDR Nachwendezeit und ich bekomme automatisch den Braunkohle-Geruch in meine Nase.
Die Verkehrsschilder sind verblichen und es sieht einfach nach Ostblock pur aus. Es scheint fast so als wäre die Zeit vor 31 Jahren stehen geblieben. Der Style erinnerte mich an 1994 im Ural und Sibirien.
Aber, je näher man der Innenstadt kommt desto farbiger wird es dann und schon sass ich im ersten Café auf dem Weg dorthin. WIFI gehört auch in Transnistrien zum Standart in den Café und die Preise sind für alles niedrig. Das Gebäck und die Kuchentheken haben mich mehr als beeindruckt! Grossartig!
Irgendwann kommt man auch an einer Kirche „Orthodoxe Kathedrale Geburt Jesu Christi“ vorbei und der Besuch einer russisch orthodoxen Kirche ist an sich schon ein kleines Erlebnis wenn jemand einen Faible für die unterschiedlichen Liturgien hat.
Von hier aus sind es nur noch wenige Schritte zu der wohl interessantesten Strasse von Tiraspol.
Auf der „Strasse des 25. Oktober“ könnte ohne Probleme ein Airbus landen und es passt zum stalinistischen Städtebau.
Dort ist im Grunde genommen alles an Sehenswürdigkeiten versammelt und fängt mit „Sieges-Panzer Denkmal“ an. Irrtümlicherweise geht es dabei nicht um den 2. Weltkrieg sondern um den Unabhängigkeitskrieg von Moldawien. Seit dem 25. Juli 1992 besteht zwischen Transnistrien und Moldawien lediglich ein Waffenstillstand.
Gegenüber sieht man das Lenin-Denkmal aus rotem Granit vor dem Parlamentsgebäude und auch das Monument von „Alexander Wassiljewitsch Suworow“ auf seinem gigantischen Pferd ist in direkter Sichtweite.
Mehrere Museen und ein Grosskino runden das ganze ab welches von gepflegten Parkanlagen umgeben ist.
Tatsächlich ist es überall unbeschreiblich sauber und kann sogar steril benannt werden.
Richtung Zentrum beherbergt diese Strasse mehre Shops, Cafés und Restaurants. Auffällig sind die die vielen Blumentöpfe welche auch im Herbst noch etwas her machen und alles sehr erfreulich erscheinen lässt.
Leider habe ich den Sowjet der Stadt Tiraspol nicht gefunden und auch vieles andere nicht gesehen und möchte auf alle Fälle wieder dorthin reisen.
Die Ausreise findet am gleichen Schalter statt. Der Reisepass wird geprüft und die ID-Migrationskarte wird wieder entnommen.
Von dem nicht ausgegebenen Geld kauft man an dem Kiosk auf dem Bahnhofsvorplatz am besten noch ein paar Schachteln Zigaretten.
Fazit: Für einen Besuch von Tiraspol bedarf es einer gewissen Sowjet-Affinität. Ist diese nicht vorhanden dann stellt sich wirklich die Frage nach dem Sinn eines Besuchs.
Transnistrien ist definitiv eine andere Welt. Allerdings habe ich auch den Eindruck gewonnen das die Leute dort nicht unzufrieden sind und alles so wollen wie es ist.